Die Yoga-Philosophie von Sri Aurobindo: Die Evolution des Bewusstseins durch Yoga

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Die Lehren des Yoga von Sri Aurobindo stellen eine beeindruckende Verschmelzung jahrhundertealter spiritueller Einsichten mit einem dynamischen und fortschrittlichen Weltbild dar. Sie bilden die Grundlage für einen integrativen Ansatz zur Entwicklung des individuellen Bewusstseins. Sri Aurobindo sah die Evolution nicht als einen abgeschlossenen Vorgang, sondern erkannte in ihr die Möglichkeit einer fortwährenden Transformation sowohl des menschlichen Geistes als auch der Materie selbst.

Als ein spiritueller Reformator und visionärer Denker hat Sri Aurobindo eine Yogaform entwickelt, die als Integraler Yoga bekannt ist. Diese strebt nach einer harmonischen Vereinigung des individuellen Selbst mit dem universellen Bewusstsein. Sein umfassendes System ermutigt zur Entwicklung aller Teile des Seins – physisch, emotional, mental und spirituell. Diese Praxis soll einem jeden ermöglichen, ein tieferes Verständnis für das eigene Dasein und die umgebende Welt zu erlangen, indem sie das spirituelle Wissen in den Alltag integriert und somit eine ganzheitliche Veränderung fördert.

In diesem Beitrag

  • Sri Aurobindo hat eine ganzheitliche Yoga-Philosophie entwickelt, die das Bewusstsein erweitern soll.
  • Seine Lehren befassen sich mit der Evolution des Bewusstseins als fortlaufenden Prozess.
  • Integraler Yoga zielt darauf ab, das individuelle mit dem universellen Bewusstsein zu vereinen.

Sri Aurobindos Leben und Einfluss

Sri Aurobindo hat eine ganzheitliche Yoga-Philosophie entwickelt, die das Bewusstsein erweitern soll.
Sri Aurobindo hat eine ganzheitliche Yoga-Philosophie entwickelt, die das Bewusstsein erweitern soll. | Credits: Nadine Mertens

Sri Aurobindo war eine zentrale Figur in der Entwicklung der spirituellen Philosophie in Indien und darüber hinaus. Sein Leben und Wirken zogen viele Anhänger an und beeinflussten die Bereiche des Bewusstseins und der transpersonalen Psychologie.

Frühe Jahre und Bildung

Ich wurde 1872 geboren und verbrachte meine frühen Jahre in einer Zeit des kulturellen Umbruchs, geprägt von einem Streben nach Unabhängigkeit von der britischen Herrschaft. Meine Ausbildung erhielt ich im britischen Exil, was mir eine einzigartige Perspektive auf die indische Kultur gab. Nach meiner Rückkehr nach Indien arbeitete ich in Baroda und engagierte mich in der nationalen Befreiungsbewegung.

Pondicherry und die Gründung des Ashrams

Im Jahr 1910 zog ich mich nach Pondicherry zurück, das damals eine französische Kolonie war, um mich meiner spirituellen Praxis zu widmen. Zusammen mit „The Mother“ gründete ich 1926 den Sri Aurobindo Ashram, der zu einem Zentrum für spirituelle Forschung und Yoga-Praxis wurde. Dieser Ashram zog Suchende an, die an der Synthese von Yoga und modernem Leben interessiert waren.

Veröffentlichungen und Schriften

Ich veröffentlichte zahlreiche Schriften, darunter „The Life Divine“ und „The Synthesis of Yoga“, die eine neuartige Sichtweise auf das göttliche Wirken im menschlichen Leben darlegten. Die Zeitschrift „Arya“ diente mir von 1914 bis 1921 als Plattform, um meine Ideen und überarbeiteten Werke zu veröffentlichen. Meine zahlreichen kurzen Werke und Prosaschriften trugen zur Verbreitung meiner Lehren bei.

Das Vermächtnis und Einflüsse

Mein Einfluss erstreckt sich weit über meine schriftlichen Werke hinaus. Ich beeinflusste Vordenker wie Vivekananda und prägte die Studien zum Bewusstsein und die spirituelle Philosophie. Mein Verständnis von Spiritualität und die Betonung einer aktiven Teilnahme am alltäglichen Leben haben die Ansichten über indische Kultur und Yoga weltweit verändert.

Integrale Yoga-Philosophie

Seine Lehren befassen sich mit der Evolution des Bewusstseins als fortlaufenden Prozess.
Seine Lehren befassen sich mit der Evolution des Bewusstseins als fortlaufenden Prozess. | Credits: Nadine Mertens

In der integralen Yoga-Philosophie, so wie ich sie verstehe, geht es darum, durch die Synthese verschiedener Yoga-Wege eine ganzheitliche spirituelle Entwicklung zu erreichen. Es ist eine Methode, die darauf abzielt, das gesamte menschliche Potential zu entfalten und das Göttliche im Leben zu manifestieren.

Kernprinzipien und Ziele

Die Kernprinzipien des integralen Yoga umfassen die Synthese aus den traditionellen Yoga-Pfaden: Wissen (Jnana), Hingabe (Bhakti), Handlung (Karma) und Meditation. Das Ziel ist es, ein bewusstseinsmäßiges Wachstum zu fördern, das zur Erkenntnis der eigenen Seele führt, und die natürliche Welt mit dem Göttlichen zu vereinen.

Psychische und Spirituelle Transformation

Die Transformation beginnt im Innersten, dem psychischen Wesen oder Herzen, und wirkt sich dann auf den Geist, die Natur und den Körper aus. Während dieser Transformation lernt das Individuum, Ignoranz und das Ego hinter sich zu lassen, und stattdessen Wahrheit, Bliss und eine dynamische Einheit mit dem Kosmischen zu erlangen.

Methoden und Praktiken

Die Praktiken des integralen Yoga betonen Meditation und Sadhana, durch die aspiriert wird, um psychische und spirituelle Kräfte (Shakti) zu wecken und bewusst mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dies enthält auch Dienst (Seva) und die Entwicklung von Glauben und Hingabe.

Die Rolle des Gurus und der Shakti

Im integralen Yoga ist die Guru-Schüler-Beziehung von zentraler Bedeutung. Der Guru leitet die spirituelle Praxis an und hilft bei der Überwindung von Hindernissen. Shakti, die Kraft oder Energie der Göttlichen Mutter, ist entscheidend für die Transformation, da sie es dem Individuum ermöglicht, in Einklang mit dem Göttlichen Willen zu handeln.

Entwicklung des Supramentalen Bewusstseins

Die letzte Phase der integralen Yoga-Philosophie ist die Entwicklung des supramentalen Bewusstseins. Es ist ein Zustand jenseits des mentalen, in dem eine vollständige Manifestation des Göttlichen auf Erden erlangt wird, eine Transformation, die als Supramentalisation bezeichnet wird. Das Ziel ist die Geburt des Übermenschen und die supramentale Manifestation auf der Erde.

Der Kosmische Zyklus und Evolution

Integraler Yoga zielt darauf ab, das individuelle mit dem universellen Bewusstsein zu vereinen.
Integraler Yoga zielt darauf ab, das individuelle mit dem universellen Bewusstsein zu vereinen. | Credits: Nadine Mertens

Die Philosophie Sri Aurobindos beschreibt einen Prozess des Universums, in dem Bewusstsein, Materie und Geist in einer fortlaufenden Evolution verwickelt sind. Diese Evolution strebt nach einer Manifestation des Göttlichen im materiellen Leben und betrachtet den Tod als Übergang in diesem unendlichen Zyklus.

Bewusstsein, Geist und Materie

Mein Verständnis nach Sri Aurobindo sind Bewusstsein, Geist und Materie miteinander verknüpfte Realitäten. Der Geist (Mind) manifestiert sich in vielfältigen Formen in der Natur (Nature) und ist Ausdruck des kosmischen Bewusstseins. Das Bewusstsein ist der Ausgangspunkt, der sowohl die erkennbare Materie als auch das unbekannte, unmanifestierte Sein einschließt.

Stufen der Evolution und Übergeist

Die Evolution durchläuft nach Aurobindo verschiedene Stufen: von der unbelebten Materie über sich entwickelndes Leben bis hin zum wachen Geist. Der Übergeist (Overmind) dient dabei als Bindeglied zwischen dem menschlichen Bewusstsein und dem Supermind – der nächste evolutionäre Schritt, der das Göttliche direkt in unsere materielle Existenz bringt.

Göttliches Spiel und Manifestation

Spiel (Lila) und Manifestation sind zentrale Konzepte. Das Göttliche manifestiert sich durch ein göttliches Spiel, in dem die unendliche Vielfalt des Universums (Multiplicity) als Ausdruck des Einen Wirklichen (One Reality) verstanden wird. Dieses Spiel schafft die Vielzahl von Formen und Wesen, die die Welt beleben.

Kosmische Ordnung und Unwissenheit

Die kosmische Ordnung spiegelt die unendliche Weisheit des Universums wider. Aurobindo unterscheidet zwischen Wissen (Vidya) und Unwissenheit (Avidya), wobei letztere den Zustand der Trennung vom göttlichen Bewusstsein repräsentiert. Ignoranz (Ignorance) ist die Folge der Unkenntnis unserer wahren Natur und unserer Verbindung mit dem gesamten Kosmos.

Geistige und Transpersonale Psychologie

Die Psychologie wird bei Aurobindo auf eine geistige und transpersonale Ebene erweitert. Sie umfasst die Untersuchung des individuellen Bewusstseins und des kosmischen Bewusstseins sowie deren Wechselbeziehungen. Ziel ist es, über das individuelle Ich hinauszugehen und eine universelle Identität zu erreichen.

Leben nach dem Tod und Wiedergeburt

Sri Aurobindo spricht von Leben nach dem Tod und Wiedergeburt als wesentliche Aspekte des kosmischen Zyklus. Der Tod ist lediglich eine Transformation, die zur Weiterentwicklung des Seelenbewusstseins beiträgt. Reinkarnation ermöglicht es dem individuellen Seelenwesen (Jivatma), durch diverse Erfahrungen zu lernen und zur Vollkommenheit (Perfection) zu gelangen.

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